Was Sind Optionen?

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Optionen auf Aktien, Futures oder ETFs sind derivative Finanzprodukte, ändern also ihren Wert überproportional stark im Vergleich zu ihrem Underlying. Hier kann es sein, dass eine Aktie z. B. 3% an Wert an einem Tag verliert, eine dazugehörige Option jedoch 25%. Dies macht die enormen Renditen, aber auch die enormen Verlustrisiken aus.

Optionen sind dabei das Recht (aber nicht die Pflicht), ein bestimmtes Underlying (Aktie, Future, Index, ETF, …) zu einem bestimmten Datum und einem bestimmten Preis (Strike) zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Wichtig: es gibt zwei Arten von Optionen, nach amerikanischem und europäischem Stil. Amerikanischer Stil heißt dabei, dass die Optionen auch vor dem eigentlichen Verfallsdatum ausgeübt werden können, bei europäischen ist dies nicht der Fall. Bei diesen kann die Option nur am letzten Handelstag ausgeübt werden. Optionen können (und werden) jedoch vor dem Verfallstag gehandelt, um Positionen zu schließen, Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen (dazu später mehr). Optionen im Aktienbereich beziehen sich immer auf 100 Stück.

Ein Beispiel - Ausgangslage

Am besten wird das Prinzip von Optionen aus meiner Sicht an einem konkreten Beispiel deutlich:

Apple Inc. (Tickersymbol: AAPL) notierte zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Eintrags (Montagmorgen, 25.11.2019) bei 261.78 USD, vor einem Monat (25.10.2019) noch bei 246.61 USD.

Wer weiß schon, wie es mit Apple weitergeht? Die Aktie könnte weitersteigen, seitwärts laufen, fallen, übernommen werden, … wir wollen uns die verschiedenen Szenarien aus unterschiedlichen Tradersichten anschauen.

Put-Optionen

Marie hat 100 Apple-Aktien schon vor Jahren gekauft, freut sich über die außergewöhnlich gute Rendite, ist sich aber nicht sicher, ob Tim Cook wirklich auch ein Steve Jobs ist. Sie will die 100 Aktien zwar nicht verkaufen, ist sich aber unsicher, ob das neueste iPhone 0815 die Erwartungen im Weihnachtsgeschäft erfüllen kann. Sie hätte gerne eine Versicherung für sinkende Kurse nach den Weihnachtsfeiertagen und kauft eine Option, die es ihr erlaubt, ihre Aktien zum Preis von 245 USD bis zum 17. Januar 2020 zu verkaufen. Diese Option kostet sie 345 USD und wird bezeichnet als AAPL Jan17'20 245 PUT. Marie ist diesen Put long, sie hat ihn also gekauft. Genauer ist sie Long Put.

“Was? So viel Geld für eine Option, deren Preis gerade bei 260 USD ist? "

Bedenke: eine Option im Aktienbereich bezieht sich immer auf 100 Stück, d.h. sie dürfte alle ihre Aktien für 245 USD im Januar 2020 verkaufen. Derzeit ist ihr Aktiendepot 100 * 260 USD = 26.000 USD wert, die Versicherung kostet sie also nur 1,32 % ihres Depots.

Call-Optionen

Max hat das Geschäft verstanden, ist Apple-Jünger der ersten Tage und ist sich völlig sicher, dass Apple das beste, wertvollste, grünste und überhaupt coolste Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks ist. Ob Wozniak, Jobs oder Cook - alles egal, Apple wird im Januar, nach dem fulminanten Weihnachtsgeschäft mit dem iPhone 0815 (das auch noch Kameras nach hinten unten in 4k hat) sicher über 300 USD steigen. Er kauft sich eine Call-Option für einen Strikepreis von 290 USD (wieso haben diese Ungläubigen eigentlich keine Optionen für Werte über 300?), diese kostet ihn derzeit ca. 115 USD (Bezeichnung: AAPL Jan17'20 290 CALL). Auch er hat die Option gekauft, ist also long, genauer Long Call.

Die Gegenseite

Woher haben Max und Marie die Optionen gekauft? Normalerweise gibt es zu jeder Trading-Idee auch einen Counterpart, die beiden brauchen also einen Verkäufer. In der Terminologie der Optionen sind die Verkäufer short, der Verkäufer für Maries Option ist also short put, der Verkäufer der Option von Max ist short call.

Maries Verkäufer hofft also darauf, dass die Apple-Aktie ihren Verlauf weiterfortsetzt und immer weiter steigt oder seitwärts läuft, Hauptsache Apple bleibt am 17. Januar 2020 über dem Strike-Preis von 245.00 USD (245.01 wäre zwar ein Nervenkitzel, aber immer noch völlig ok). Der Verkäufer einer Put-Option hat also in aller Regel eine bullishe, neutrale oder leicht (!) negative Markterwartung. Er ist Short Put.

Max’ Verkäufer erwartet, dass es mittlerweile andere große Player im Smartphonegeschäft gibt (Stichwort Samsung) und auch die Serien und Filme von AppleTV+ reißen ihn nur mäßig vom Hocker. Auf keinen Fall wird die Aktie von Apple seiner Meinung nach im Januar über 290 USD hinaus angestiegen sein. Er hat also in aller Regel eine etwas bearishe, neutrale oder auch leicht (!) steigende Markterwartung. Er ist Short Call.

An dieser Stelle sei aber schon gesagt, dass wir in aller Regel nicht mit einem menschlichen Counterpart Handel treiben, sondern mit einem sogenannten Market Maker. Dieser stellt verschiedene Optionspreise zur Verfügung und hat gar keine Erwartung an den Markt, sondern verdient sein Geld über Gebühren und sog. Spreads (d.h. die Differenz zwischen Bid- und Ask-Preis).

Das Ergebnis

Nun stellen wir uns vor, es ist der 18. Januar 2020, die Messen sind gelesen und Apple hat zwar ein gutes Weihnachtsgeschäft mit seinem neuen iPhone 0815 durchlaufen, aber leider hatte der ursprüngliche koreanische Reiskocherverkäufer Samsung gleichzeitig das Galaxy Universe S2000 herausgebracht und auch Kapitalisten brauchen nicht zwei sehr teure Smartphones. Der Kurs der Apple-Aktie liegt somit bei 285,73 USD. Wie sehen die Optionsverhältnisse nun aus?

Marie freut sich über gestiegene Kurse der Apple-Aktie. Ihr Aktiendepot hat noch einmal um 2.500 USD zugelegt und steht mittlerweile bei 28.500 USD. Prinzipiell hätte sie ihr Recht, die Aktien für 245 USD bis zum Verfallstag ausführen können, wirtschaftlich macht dies natürlich aber überhaupt keinen Sinn. Warum Aktien für 245 USD über ihre Put-Option verkaufen, wenn sie die Aktien auch am Markt für 285 USD verkaufen könnte? So hat sie zwar Geld für die Versicherung ausgegeben, die Prämie aber über den Aktienanstieg mehr als wett gemacht.

Max hatte zwar den richtigen Riecher, hatte allerdings den koreanischen Mitbewerber außer acht gelassen und die Wertentwicklung überschätzt. Seine Optionsprämie von 115 USD ist weg. Diese miesen Ungäubigen…

Sowohl der Verkäufer der Option an Marie als auch der Verkäufer der Option an Max darf seine Prämie (345 USD vs. 115 USD) behalten.

Fazit

Optionen sind eine Art “Wette” (besser eigentlich: Annahme) in die Zukunft mit verschiedenen Marktteilnehmern. Die Verkäufer einer Option übernehmen ein Risiko und erhalten dafür eine Prämie, die Käufer einer Option haben unterschiedliche Interessen, darunter spekulative Absichten (Max) oder einen Absicherungswunsch (Marie). Der Market-Maker führt diese verschiedenen Interessen zueinander und stellt Preise nach Angebot und Nachfrage bereit.

Der Begriff “Wette” hinkt meiner Meinung nach ein wenig, da man die Zukunft zwar nicht vorhersagen, aber mit gewissen Wahrscheinlichkeiten rechnen kann. In unserem Beispiel stellt z. B. der Market Maker keine Optionen für einen Strike-Preis von 50 USD oder für 500 USD für den Januar 2020 zur Verfügung, da er mittels stochastischer Berechnungen davon ausgeht, dass Apple nicht zu diesen Preisen gehandelt werden wird. D.h. nicht, dass es nicht trotzdem passieren könnte (morgen bricht ein Atomkrieg aus, Apple gehörte insgeheim schon lange dem chinesischen Staatsfernsehen oder aber jedes iPhone 0815 hat mittlerweile einen Quantencomputer), es ist aber sehr unwahrscheinlich und daher werden außerhalb eines erwarteten Schwankungsbereichs keine Preise zur Verfügung gestellt.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist letztlich, dass wir - im Gegensatz zu anderen Finanzprodukten - alle vier Positionen (Long Call, Short Call, Long Put, Short Put) einnehmen können - dazu aber später auf der Strategieseite mehr.